Fremdes Haus fotografieren: Erlaubt oder nicht?



Darf der Architekturfotograf fremde Häuser fotografieren? Ein Beispiel


Als Architekturfotograf erhält man, zum Beispiel von der Firma Schmidt, den Auftrag „eingie Immobilienfotos“ aus dem Ortsteil der Firma zu erstellen. In diesem Beispiel wird vom Boden vom Stativ aus fotografiert und nicht per Drohne/Multicopter oder ähnlichem. Überall wo man hinsieht, gibt es tolle Architektur und Immobilien zu fotografieren. Grade hier im eher ländlichen Teil, wo viel Platz zum designen eines Hauses oder einer Villa ist, wird dieser häufig genutzt. Und vieles macht sich gut im Portfolio eines Architekturfotografen. Die Firma Schmidt möchte die Aufnahmen für Ihre Website nutzen und in Magazinen publizieren. Der Architekturfotograf hat Interesse daran die Bilder der Fassaden später als Kunstdruck - Fine Art - zu vermarkten oder auch nur sie in die eigene private Sammlung der Gebäude aufzunehmen. Hier gibt es einige Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt. Die rechtliche Grundlage ist für alle genannten Situationen dieselbe.


Aspekt 1: Diese vier Stakeholder sind betroffen


Zu aller Erst fällt einem der Eigentümer der Immobilie, des Bauwerks oder zu fotografierenden Grundstücks ein. Der Eigentümer könnte seine Eigentümerrechte als verletzt wahrnehmen.


Als zweite betroffene Interessengemeinschaft stehen die Bewohner der Immobilie im Raum. Sie können mit den erstgenannten zusammenfallen, müssen aber nicht. Diese könnten sich mit den anzufertigten Fotos in ihren Persönlichkeitsrechten oder in ihrer Privatspähre verletzt fühlen.


Der dritte Stakeholder ist der Architekt oder Bauherr. Denn das Design eines Bauwerkes ist eine künstlerische Tätigkeit und somit sein geistiges Eigentum, an dem er die Urheberrechte besitzt.


Zu guter letzt ist da natürlich der Architekturfotograf. Seine künstlerische Tätigkeit besteht in der Fotografie der Immobilie, um diese auf der Aufnahme gut aussehen zu lassen. An dieser Fotografie besitzt er die Urheberrechte und hat ein wirtschaftliches Interesse daran, sie zu verwerten.




Aspekt 2: Das deutsche Gesetz ist eindeutig


Einen Blick sollte man in die deutsche Gesetzesgebung werfen. Diese ist häufig sehr strikt und eindeutig formuliert. An dem genannten Beispiel der Immobilienfotografie findet §59 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Anwendung:

"(1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht."


Das bedeutet, solange sich der Immobilien- oder Architekturfotograf an öffentlich zugänglichen Foto-Standorten aufhält, ist das Fotografieren, Verkaufen der Fotografie und das Veröffentlichen der Außenfassade aus urheberrechtlicher Sicht kein Problem.


Wie steht es um die Eigentümerrechte der Stakeholder?


Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied bereits mit dem Urteil vom 09.03.1989 mit folgender Begründung, dass der Aufnahmevorgang das Eigentum nicht verändet oder sich auf die Sache auswirkt:

"Der Fotografiervorgang hat keinerlei Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst. Er hindert den Eigentümer nicht daran, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und stört ihn auch nicht in seinem Besitz."


Als Ergänzung entschied der BGH mit dem Urteil vom 17.12.2010:

"Der Schutz des Eigentums erfasse lediglich die Sachsubstanz und deren Verwertung. Die bloße Ablichtung der Sache stelle daher ebenso wenig wie die nachfolgende Verwertung der Aufnahmen eine Beeinträchtigung des Eigentums dar. Auf das Hausrecht der Klägerin oder auf einen Benutzungsvertrag gestützte Ansprüche scheiterten schon daran, dass die Beklagte den Grundbesitz der Klägerin nicht betreten habe."


Das Urteil wurde erneut am 25.10.2012 zitiert und bestätigt:

"Danach lässt das Fotografieren eines fremden Grundstücks zwar dessen Sachsubstanz unberührt, weil es keine Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst hat, insbesondere den Eigentümer nicht daran hindert, mit dem Grundstück weiterhin nach Belieben zu verfahren. Es hindert ihn auch nicht grundsätzlich in seinem Besitz. Das Eigentum an einem Grundstück kann aber durch das Aufnehmen und die Verwertung von Fotografien von auf ihm errichteten Gebäuden und auf ihm angelegten Gartenanlagen und Parks beeinträchtigt werden, wenn das Grundstück zur Anfertigung solcher Fotografien betreten wird."


Zwischen-Fazit 1: Die Aufnahmen sind stets dann gewerblich verwertbar und zulässig - auch ohne Zustimmung des Eigentümers - unter den Vorraussetzungen, dass: (1) Von einer öffentlichen Straße oder einer allgemein zugänglichen Stelle außerhalb des Grundstücks fotografiert wird und (2) von einer Perspektive, die von dort sowieso gegeben wäre (normales Stativ, kein Multicopter/Drohne/UAS, keine Leiter, kein extremes Teleobjektiv).


Wie steht es um die Persönlichkeitsrechte der Stakeholder?


Wenn der Architekturfotograf sich bei der Aufnahme des Bauwerkes oder der Immobilie auf dieses Objekt selbst konzentriert und keine Personen oder personenbezogenen Informationen zu erkennen sind, kann ein Recht auf auf Grundlage der Persönlichkeitsrechte nicht geltend gemacht werden - dies gilt im Außen- wie Innenbereich des Gebäudes. Vergleich Urteil Landgericht Köln vom 13.01.2010:

"Die Veröffentlichung von Fotos eines Wohnhauses stellt keinen Eingriff im das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, wenn der Name der Bewohner nicht erkennbar ist und dem Betrachter des Fotos bildlich nicht mehr Informationen dargeboten werden, als demjenigen, der selbst durch die Straße geht oder fährt."


Zwischen-Fazit 2: Es dürfen keine Personen gezielt fotografiert werden, die (1) eindeutig identifiziert werden können und (2) es dürfen keine Informationen an der Immobilie verknüpfbar sein, mit den Personen, die darin wohnen. Die Bewohner sind dahingehend zu schützen und mit geeigneten Maßnahmen unkenntlich zu machen.




Aspekt 3: Unerfahrenheit und Unwissen der breiten Masse


Der breiten Masse unserer Bevölkerung ist die Gesetzeslage nicht immer eindeutig bekannt. Oft haben Bewohner oder Eigentümer von Immobilien und tollen Bauwerken Bedenken mit der Fotografie ihres Hauses. Sie fürchten einen negativen Zusammenhang der Fotografie mit ihnen oder ihrem Eigentum. Zudem kennen Sie den Immobilienfotografen nicht, der grade ihr Haus fotografiert. Sie wissen nicht ob er das darf und wie er denn später diese Aufnahmen verwerten wird.


Hier hilft nur die offene Kommunikation zwischen dem Fotografen und den Bewohnern oder Eigentümern der Architektur-Objekte. Der Architekturfotograf sollte zunächst höflich erklären, was er denn genau fotografiert und was er definitv unkenntlich machen wird - und muss (!). Und natürlich was er mit den Aufnahmen der Immobilie anstellen wird - z.B. sie dem Immobilienmakler zur Vermarktung der Immobile zur Verfügung stellen. Hier kann man seine eigene Visitenkarte oder die, des zuständigen Immobilienmaklers, des Architekten o.ä. aushändigen. Am Rande kann der Fotograf die Gesetzeslage erwähnen und zu welchen Randbedinungen er verpflichtet ist. Meistens kann man im Anschluss in Ruhe weiter fotografieren. Zudem kann man auch anbieten, die Bilder den Bewohnern oder Eigentümern per Email zuzuschicken. Auch sie freuen sich über die Bilder.


Wenn es dennoch mal unmöglich sein sollte - trotz der freundlichen Erklärungen und der Erwähnung der Gesetzeslage - einige Aufnahmen der gewünschten Architektur zu erstellen, sollte man nicht auf sein Recht bestehen und nachgeben. Der Bewohner wird den Fotografen sowieso nicht mehr aus den Augen lassen.

Sind diese Aufnahmen dieses Immobilienobjektes für den Fotografen aber unabkömmlich sollte er sich am besten zu einem anderen Zeitpunkt am selben Ort wiederfinden und noch diskreter vorgehen. Unter Beachtung der Gesetze ist dies schließlich möglich und beeinträchtigt nicht den Eigentümer oder Bewohner in der Nutzung seiner Sache.



Fazit: Darf der Architekturfotograf fremde Häuser fotografieren?


Die Gesetzeslage wurde nun dargelegt und folgende Punkte sollten nun ersichtlich sein:


Der Architekturfotograf darf fremde Häuser fotografieren, solange:

1. Er sich auf einem öffentlich zugänglichen-/er Weg/Straße befindet.

2. Jegliche Personen in der Aufnahme unkenntlich oder nur als Beiwerk vorhanden sind.


Es handelt sich hierbei um keine verbindliche Rechtsberatung, sondern lediglich um einen Einblick in eine Recherche und meine persönliche Meinung.